Da war sie nun, die Nachricht, dass das Herzchen unseres Babys nicht mehr schlägt. Mein Mann in Tränen. Und ich, die Starke? „Muss wohl“, denke ich… Dann die Aufklärung über die weitere Vorgehensweise im Krankenhaus. Plump und wenig einfühlsam, leider. Das Baby muss zur Welt gebracht werden, weil es schon so groß ist. Das auch noch, „ich möchte das Ganze einfach nur hinter mich bringen… am besten gleich“, so meine Gedanken.
Zu Hause dann der Zusammenbruch. „Warum wir, warum ich? Alle anderen bringen gesunde Babys zur Welt“, so meine Gedanken. „Warum nimmt mir das Leben mein Baby?“ Ich bin am Ende. Emotional und mental. Es geht nichts mehr.
Nach einer schlaflosen Nacht geht es dann am nächsten Tag ins Krankenhaus. Mein Mann begleitet mich. Ich soll Medikamente nehmen, um die stille Geburt einzuleiten. Mein Gefühl und mein Körper sagen nein, ich tu es trotzdem. Später dann erste Bauchkrämpfe. Ich verlange nach Schmerzmittel, möchte nichts spüren. Möchte taub sein. In der Nacht kommt dann die Blutung und mit ihr das Baby. Die Krankenschwester bringt es sofort weg. Um es zu reinigen, sagt sie. Minuten später bringt sie es, dieses perfekte kleine Wesen. So schön ist es. Und wir tieftraurig in dieser tiefen, dunklen Nacht. Und DENNOCH hat sich mit dieser Erfahrung ALLES gewandelt:
- Wir konnten unser Baby im Arm halten. Dieses kleine, perfekte Wesen. Und bei aller Trauer war es ein ganz spezielles, rührendes Erlebnis, für das wir sehr dankbar sind.
- Ich habe verstanden, dass – bei allem Respekt für die konventionelle Medizin – mich diese durch ihre technischen Überwachungssysteme auch nicht vor einer derartigen Erfahrung bewahren konnte. Ich hatte die Verantwortung an meine ÄrztInnen im Außen abgegeben und mich dort nicht gut aufgehoben gefühlt.
- Die stille Geburt war Anlass für so viele Frauen mit ganz ähnlichen Erfahrungen, an mich heranzutreten. So viele. Ich war gerührt und geschockt zugleich. Und ich habe mich getragen gefühlt.
- Durch diese Erfahrung habe ich verstanden, dass mein „altes“ Leben nicht mehr zu meinen Vorstellungen passt, dass ich mich verlaufen hatte. Ich habe meinen Job gekündigt und nochmals ganz neu begonnen… und hier bin ich J
Gern möchte ich hier mit dir noch ein Gedicht teilen, das mich durch diese Zeit getragen hat:
Die dunkle Nacht der Seele (Andrea Gegner)
In der einen, tiefen, dunklen Nacht der Seele, wenn des Lebens Mut dich ganz und gar verlässt, ist die Frage stumm nach dem, was dir noch fehle, und dein Bett vom heißen Tränenstrom durchnässt.
Alles Sehnen, alles Hoffen scheint zu Ende, nicht ein Stern erleuchtet jene finstre Nacht, voll Verzweiflung hältst du Ausschau nach der Wende, und dein Herz glaubt, dass es niemals wieder lacht…
Diesen Pfad bin ich schon manches Mal gegangen, und mir schien, ich sähe niemals mehr das Licht, in mir starb voll Kummer jegliches Verlangen, und ich fand den Ausgang aus dem Kerker nicht.
…Doch da ward auf einmal mir der Fluch zum Segen, dass das Leben stets sich wandelt mit der Zeit: Sei’n es Rosen oder Dornen auf den Wegen, nichts bleibt ewig, auch die tiefste Einsamkeit.
Und so weiß ich heut, die Welt kennt nichts von Dauer, nur Veränderung – sie trifft jedermann! Recht behält der alte Spruch an einer Mauer, denn fürwahr: Wo nichts mehr geht, fängt alles an…
Deine Marlene